19.09.2023 – 17.03.2024

Gastspiel: Kleine französische Turmuhr, 16./17. Jh.

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Gastspiel «Kleine französische Turmuhr», 2016. Leihgabe: Museum für historische Zeit, Muff Kirchturmtechnik AG
Nachdem um 1300 erwiesenermassen erste Räderuhren erfunden waren, die später mit Schlagwerken hergestellt wurden, begann die Nachfrage nach öffentlichen Uhren zu steigen. Im 14. Jahrhundert setzte vorerst im bürgerlichen Leben im städtischen Kontext ein allmählicher Wandel vom kirchlichen zum weltlichen Tagesablauf ein. An öffentlichen Gebäuden wie Rathäusern oder Stadttürmen wurden mechanische Schlaguhren eingebaut. So musste die Zeit nicht mehr mündlich verkündet werden, da die mechanischen Uhren selbstständig die richtige Anzahl Stundenschläge auf die Glocken schlugen.

Die bedeutende Verbreitung mechanischer Turmuhren erfolgte vorwiegend im 16. und 17. Jahrhundert. Dass auch kleinere Gebäude eine Uhr benötigten, zeigt unser Gastspiel.

Brigitte Vinzens, Konservatorin des Uhrenmuseums Winterthur, stellt den aktuellen Gast mit seiner individuellen Geschichte in der Reihe «Museum am Mittag» am Freitag, 17. November 2023, 12:30 Uhr vor. Die Führung ist kostenloser Bestandteil des Museumseintritts.

Französische Gotik

Stilistisch waren die frühen Räderuhren vom gotischen Baustil beeinflusst. Dies ist vor allem am Gestell des Uhrwerkes und bei Konsolenuhren an der Zifferblattform erkennbar. Die Pfeiler der Werke sind übereck gestellt und – wie bei französischen Kathedralen – mit massiven Füssen, Wassernasen und im oberen Teil mit Fialen versehen.

 

Prägnante Konstruktionsmerkmale

Schon bei sehr frühen französischen Turmuhren befindet sich das Zeigerwerk im Unterschied zu Werken aus deutschsprachigen Gegenden an der breiten Seite des Werkes. Die Räder von Gehwerk und Schlagwerk sind nicht hintereinander, sondern um 90 Grad gedreht nebeneinander. Diese Anordnung benötigt ein zusätzliches Winkelgetriebe, von dem her die Zeiger über das Zeigergetriebe angetrieben werden. Deshalb fand diese Bauweise erst mit den fortschreitenden technischen Möglichkeiten ab dem 18. Jahrhundert eine breite Verwendung. Am französischen Turmuhrgestell zeichnet sich ab circa 1600 ein weiterer Konstruktionsunterschied ab. Im oberen Bereich wird anstelle eines Querbandes ein liegendes Band verwendet, das mit den Pfeilern verkeilt ist. Diese Merkmale finden sich nicht nur an Turmuhren, sondern auch an französischen Konsolenuhren des 17. Jahrhunderts.

 

Fortwährende Modernisierung

Konnte sich eine Stadt oder eine Gemeinde eine Turmuhr leisten, versah diese oft über Jahrhunderte ihren Dienst. Meist übernahmen Uhrmacher das Amt des Zeitrichters. Diese reparierten und modernisierten die Uhren regelmässig, stiegen doch auch die Ansprüche an die Zeitmesser konstant. So wurden viele Uhren nach der Pendelerfindung mit einem Pendel ausgestattet, weil die Uhr damit viel exakter ging. Manchmal änderten die Reparateure das Räderwerk, um eine längere Gangdauer von beispielsweise 12 auf 24 Stunden zu erreichen. Auch setzten sie einen Kurbelmechanismus ein, um das Aufziehen der Uhr zu vereinfachen. Aufgrund der langen Lebenszeit von Turmuhren ersetzte man sie oft erst im 20. Jahrhundert. Zudem wurden die alten Uhren meist in nur noch unvollständigem Zustand auf die Seite gestellt. So blieben wenige der frühen Objekte erhalten, die in der Folge oft auf ihre ursprüngliche Gangart – Spindelhemmung und Waage – zurückgebaut wurden. Auch wenn viele Spuren der Änderungen sichtbar bleiben, werfen sie immer interessante, ungeklärte Fragen über das Leben einer Uhr auf.

 

Informationen für Medienschaffende

Medieninformationen und hochaufgelöste Medienbilder finden Sie als Downloaddateien auf unserer Website.

Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegexemplares oder eines Links mit Berichterstattungen über das Uhrenmuseum Winterthur.

Vielen Dank!

Brigitte Vinzens
Konservatorin Uhrenmuseum Winterthur

+41 +52 267 51 36 / 28